Aktuelles > Restaurierung der Venusgrotte
Die Venusgrotte im Schlosspark ist ein einzigartiges Bauwerk in Form einer künstlichen Tropfsteinhöhle und der Höhepunkt der Illusionsarchitektur König Ludwigs II. Er ließ in der Grotte einerseits den 1. Akt der Oper „Thannhäuser“ von Richard Wagner in Szene setzen, andererseits das Motiv der Blauen Grotte von Capri. Dafür konnte die Grotte in verschiedenen Farben künstlich beleuchtet werden, wofür eines der ersten Elektrizitätskraftwerke der Welt geschaffen wurde. Hofbaudirektor Georg Dollmann und der Landschaftsplastiker August Dirigl errichteten die Grotte 1876-77 in nur zwei Jahren Bauzeit. Im 19. Jahrhundert war sie das wohl größte Bauwerk ihrer Art, obwohl sie nur für die Nutzung durch den König zu dessen Lebzeiten konzipiert war.
Grotte in roter Beleuchtung als
"Bacchanal vom
Hörselberg",
Aquarell von Heinrich Breling, 1881
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung / G. Schmidt
Die Grundkonstruktion besteht aus 1,70 Meter dicken Kalkbruchsteinwänden und einzelnen Säulen aus Bruchstein bzw. Gusseisen. Der Ein- und Ausgangsbereich ist mit einem Bruchsteingewölbe, die Hauptgrotte mit einem weit gespannten Gewölbe aus Ziegelmauerwerk überwölbt. Die Gewölbe wurden außen mit flüssigem Teer abgedichtet und anschließend mit Erde überfüllt.
Die innen sichtbare Raumschale besteht aus Putz, der auf Rupfen bzw. Eisengitter aufgebracht wurde. Um eine authentische Oberfläche zu erzielen, wurde der Putz teilweise flüssig vergossen, teilweise wurden in Putz getränkte Stoffe geschickt drapiert. Die Oberflächen wurden farbig gefasst und stellenweise mit Glimmer versehen, wodurch zusammen mit der wechselnden farbigen Beleuchtung glitzernde und glänzende Effekte erzielt wurden.
Hauptgrotte mit See
Foto: K. Fändrich
Schon kurz nach der Fertigstellung traten in der Grotte Feuchtigkeitsprobleme auf. Aus diesem Grund wurde bereits 1889/90 über der Hauptgrotte ein Dach errichtet. Damit war das Problem jedoch nicht vollständig gelöst, da unterirdisch fließendes Wasser insbesondere nach starken Regenfällen oder bei Schneeschmelze nach wie vor durch die dicken Natursteinmauern dringt.
Die im Lauf der Zeit durch das Wasser entstandenen Schäden sind heute nicht mehr zu übersehen. Auch die Feuchtigkeit, die vom See im Innern der Grotte aufsteigt, trägt zum kontinuierlichen Zerfall von Raumschale und Ausstattung bei. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf für Sicherungs- und Restaurierungsmaßnahmen.
Bereits in den 1960er Jahren mussten erste Schutznetze eingebaut werden, um die Sicherheit der Besucher bei den Besichtigungen zu gewährleisten. 1997 wurden im Ein- und Ausgangsbereich zusätzliche Schutzgerüste eingebaut und die Schutznetze im Bereich der gesamten Führungslinie erneuert bzw. ergänzt.
Vorrangiges Ziel ist die Wiederherstellung des ursprünglichen, ungestörten Raumeindrucks der Grotte. Die Schutznetze und Schutzgerüste sollen wieder entfernt werden. Die noch umfangreich vorhandene historische Bausubstanz soll konsolidiert und dauerhaft gesichert werden.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen die nachfolgend genannten Schadensursachen beseitigt werden.
Wassereintrag von der Hangseite durch Schichtenwasser und durch Niederschlagswasser in den nicht von der Dachkonstruktion überdeckten Bereichen
Mangelhafte Dachkonstruktion über den Ziegelgewölben
Ungeeignete raumklimatische Verhältnisse im Inneren der Venusgrotte (Höhlenklima, Feuchteeintrag durch Besucherverkehr, Wasserfall, Hang- und Schichtenwasser); diese führen zu fortschreitendem Korrosionsprozess in der Drahtputzschale und Schäden am Monumentalgemälde und der sonstigen Ausstattung
Grundriss der Venusgrotte (StBA Weilheim)
Um den vorhandenen Problemen zu begegnen, erstreckt sich die Planung der Sanierung und Restaurierung der Venusgrotte auf folgende Bereiche:
Errichtung einer weitgehend unterirdischen Sperrmauer nördlich der Venusgrotte einschließlich Drainage zur Minimierung des Eintrages von Hang- und Schichtenwasser in die Venusgrotte
Verbesserung und Ergänzung der vorhandenen historischen Drainageleitungen im Grotteninneren
Abbruch des bestehenden Dachs und Neuaufbau einer Abdichtung oberhalb der Gewölbe einschließlich Gründachkonstruktion, die sich bis zur nördlichen Sperrmauer erstreckt
Reduzierung der Luftfeuchtigkeit im Nahbereich der Drahtputzschale auf 80% rel. Luftfeuchte durch den Einbau einer raumlufttechnischen Anlage, um den Korrosionsprozess zu stoppen
Arbeitsgerüst des Restaurators mit
Schutzkonstruktion über der
Führungslinie der Besucher
Statische Instandsetzung und restauratorische Überarbeitung der Drahtputzschale einschließlich Stalaktiten und Stalagmiten und Sonderkonstruktionen, sowie Errichtung eines galvanischen Schutzes für die dauerfeuchten Bereiche
Sicherung, Restaurierung, zum Teil auch Rekonstruktion der Ausstattung (Monumentalgemälde „Venusszene des Tannhäuser“, vergoldeter Muschelkahn, Muschelthron am Königssitz, Blumengirlanden und künstliche Pflanzen, Astwerkgeländer, Kachelöfen)
Wiederannäherung an das historische Beleuchtungskonzept mit den unterschiedlichen Lichtfarben; Verbesserung der Beleuchtungssituation
Ersatz der bestehenden WC-Anlage durch einen weitgehend unterirdischen Anbau im Süden der Venusgrotte, in dem auch die Personal- und Technikräume integriert werden
Durch die Lage der Baustelle im Naturschutzgebiet „Ammergebirge“ sind umfangreiche Vorgaben des Naturschutzes zu beachten. Die Baumaßnahme wird permanent naturschutzfachlich begleitet, um negative Auswirkungen auf die geschützte Fauna und Flora zu vermeiden.
Insbesondere die in der Venusgrotte lebenden Fledermäuse, u. a. die „Kleine Hufeisennase“, erfordern besondere Maßnahmen. Für sie werden in Zusammenarbeit mit Fledermausexperten speziell konzipierte, neue Einflugröhren vorgesehen.
Vorabmaßnahme Elektrotrasse: 2014 – 2015
Abschnitt: Baustelleneinrichtung/Zufahrten: 2015 – 2016
Abschnitt: Sperrmauer – Wasserumleitung: 2015
Abschnitt: Technik und Betriebsräume: 2016 – 2020
Abschnitt: Abbruch bestehendes Dach: 2018
Abschnitt: Instandsetzung Schale innen: 2018 – 2023
Abschnitt: Abdichtung Gewölbe, Gründachaufbau: 2021 – 2025
Schnitt durch die Venusgrotte (StBA Weilheim) mit Schutzdach während der Bauarbeiten
Text: Martin Bosch, unter Verwendung von Beiträgen des StBA Weilheim
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