Aufriss der Gartenfassade von "Meicost-Ettal": Projekt VI, Aquarell von Georg Dollmann,1869
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
Bereits 1868 ließ König Ludwig II. von seinem Hofarchitekten Georg Dollmann unter dem Decknamen "Meicost-Ettal" ein Projekt für ein neues Versailles im Tal von Linderhof planen. Das Interesse des Königs für die von ihm bewunderten und verehrten französischen Monarchen, insbesondere Ludwig XIV., lässt sich bis in seine frühe Jugendzeit zurückverfolgen. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass der König dem als Monument einer absoluten Monarchie gedachten Schlossprojekt im Graswangtal den Namen "Meicost-Ettal" gab; es ist ein Wortspiel mit dem Wahlspruch des französischen Sonnenkönigs: "L 'état c 'ést moi" – "Der Staat bin ich".
Kein anderer Schlossbau hat eine solche planerische Reife und Durchbildung erfahren wie "Meicost-Ettal", das dann jedoch ab 1873 auf die Herreninsel im Chiemsee übertragen wurde, die dem König besser geeignet erschien. Für "Meicost-Ettal" wurden von Dezember 1868 bis September 1873 siebzehn verschiedene Grundrissvarianten angefertigt, sowie zahlreiche Aufrisse und viele Ansichten für das Schlafzimmer.
Projekt eines byzantinischen Palastes, Aquarell von Georg Dollmann, 1869
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
1869, ganz am Anfang der Linderhofer Entwicklung, erwog König Ludwig II. den Bau eines byzantinischen Palastes. Georg Dollmann entwarf 1869 bis 1870 in fünf verschiedenen Planungsstufen das erste Projekt einer Schlossanlage im byzantinischen Stil. Auch die Baukosten waren bereits mit einer Summe von rund 4.300.000 Gulden errechnet.
Das aus unbekannten Gründen nicht weiter verfolgte Projekt griff der König gegen Ende seines Lebens 1885 nochmals auf. Julius Hofmann, der 1884 Georg Dollmann als Hofbaumeister abgelöst hatte, entwarf einen zweiten byzantinischen Palast. Dieses Projekt wirkte wie eine letzte Zuflucht, in die sich der von seinen Schulden bedrängte König zurückziehen wollte.
Aufriss und Grundriss von Schloss Linderhof
und dem
projektierten
Theaterbau
auf dem
gegenüberliegenden
Linderbichl,
Federzeichnung von Georg Dollmann, 1874
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
Seit König Ludwig II. als junger Kronprinz zum ersten Mal an der Seite seines Vaters eine Vorstellung des Hoftheaters sehen durfte, entwickelte sich seine Begeisterung für diese zwar gegenwärtige, aber trotzdem irreale Welt der Bühne zur wahren Leidenschaft. Das Theater bekam neben und in Ergänzung zu seinen Architekturprojekten die größte Bedeutung in seinem Leben.
Ludwig II. benutzte das Theater wie ein Fürst der Renaissance- und Barockzeit, doch er ließ sich nie von den Kulissen beherrschen, und Bühne und Bauten blieben in seinem Kunstverständnis immer zwei verschiedene Dinge. Nach mehreren Projekten an verschiedenen Plätzen neben und hinter Schloss Linderhof wurde 1874 das Theater gegenüber auf dem Linderbichl geplant, bevor aus Kostengründen die Entscheidung für den Venustempel fiel. Nach mehreren weiterführenden Entwürfen wurde das Vorhaben 1878 endgültig aufgegeben, als die königliche Kabinettskasse erstmals in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geriet.
Projekt für eine Kapelle im Park Linderhof,
Aquarell,
Georg v. Dollmann, 1875
© WAF, München;
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung /
Rainer Herrmann
Die bereits 1684 durch das Kloster Ettal errichtete Kapelle wurde 1870/71 vom König neu ausgestattet. Bald nach der Fertigstellung des Schlosses empfand er das schlichte Äußere des Gebäudes aber als störend im Hinblick auf das nahe gelegene, reich gestaltete Schloss und plante, es durch einen passenden Neubau zu ersetzen.
Der erste Plan für eine neubarocke Kuppelkirche wurde bald wieder fallen gelassen. Spätestens 1876 dürfte sich der König im Zuge der endgültigen gärtnerischen Ausgestaltung der Parkanlage für die Beibehaltung der alten Kapelle entschlossen haben, und sie konnte ihren Platz im Sinne der naiven Architekturen eines englischen Landschaftsgartens behalten.
Hubertuspavillon, Federzeichnung
von Julius Hofmann, 1885
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
Gleichzeitig mit der Erweiterung des Schlafzimmers wollte der König im Ammerwald einen Pavillon errichten, dem als Vorbild die Amalienburg im Park von Schloss Nymphenburg dienen sollte.
Mehrfache Änderungswünsche des Königs erforderten den wiederholten Abbruch von Mauern und den Bau neuer Fundamente, sodass sich der auf Oktober 1885 festgelegte Fertigstellungstermin nicht halten ließ.
Nach dem Tod des Königs wurde das Ziegelmauerwerk des Rohbaus verkauft, die bereits gefertigten oder erworbenen Einrichtungsgegenstände wurden versteigert.
Projekt eines chinesischen Sommerpalastes:
Aufriss der Gesamtanlage,
Federzeichnung von
Julius Hofmann,1886
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
Als letztes Projekt des Königs hat Julius Hofmann Anfang Januar 1886 einen chinesischen Palast entworfen. Als Vorbild diente u. a. der 1860 von englischen Truppen zerstörte kaiserliche Sommerpalast Yuen-Ming-Yuen, dessen weit verbreitete Abbildungen bereits die Mode des 18. Jahrhunderts beeinflusst hatten.
Der König wollte sich auch hier die Illusion eines unumschränkten Herrschertums verschaffen. Das in relativ bescheidenen Dimensionen geplante Bauwerk sollte im nahe gelegenen Ammerwald errichtet werden und hätte einen Platz wie die im engeren und weiteren Umkreis des Schlosses gruppierten Bauten wie der Maurischer Kiosk, die Venusgrotte oder das Marokkanisches Haus eingenommen.
Dem Projekt, für das der letzte Hofsekretär des Königs bereits eine Unmenge von Stoffen, Vasen, Gefäßen etc. eingekauft hatte, wurde durch den Tod des Königs ein Ende gesetzt.
Im Wald des Schlossparks Linderhof informieren Schautafeln über nicht verwirklichte und fast vergessene Bauprojekte König Ludwigs II. Der Spazierweg unter dem Motto „Vom Liebestempel zur Einsiedelei: Erträumte Bauten ̶ erbaute Träume" führt vom Venustempel zur Einsiedelei des Gurnemanz.
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